CONTENT NOTES
Beleidigungen, Queerfeindlichkeit, Homophobie, Transfeindlichkeit, Gewaltaufrufe, Rassismus, Victim-Blaming, Betrug, Antiziganismus, Antisemitismus, Verschwörungsideologien
Warum wir diese Chronik verfasst haben
Gegen rechte Tendenzen auf die Straße zu gehen, ist nicht nur für uns als antifaschistische linke Gruppe, sondern spätestens dieses Jahr mit den Demonstrationen gegen die AfD für viele Parteien, Gruppierungen und Einzelpersonen selbstverständlich geworden. Sich gegen die Landnahme und den Einzug in Parlamente von Rechtsextremen zur Wehr zu setzen, ist wichtig und lobenswert. Uns beschleicht aber das Gefühl, dass konservative Parteien aktuell um notwendige Kritik herumkommen – liegt der Fokus doch darauf, die AfD zu bekämpfen. Für uns ist aber klar, dass auch die CSU in Bamberg einen erheblichen Teil zum Rechtsruck beigetragen hat. Denn oft heißt es, wenn man die konservative Regierungspartei kritisieren möchte, die CSU sei, gerade in Bamberg, ja kaum rassistisch und eine Zusammenarbeit mit ihr wichtig.
Wir möchten euch in dieser kleinen Chronik aufzeigen, warum diese Argumentation Schönrederei ist und weswegen die CSU gerade in Bamberg eine Partei ist, die selbst regelmäßig menschenverachtende Inhalte teilt und sich dafür in den allerseltensten Fällen schämt.
Diese Sammlung hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Wenn euch also mehr Vorkommnisse einfallen sollten, kontaktiert uns gerne.
2020
Beginnen wollen wir im Jahr 2020 und mit Stefan Düring, der hier noch öfter eine Rolle spielen soll. Er bezeichnete den SPD-Ortsvorsitzenden vom Ellertal damals als rechtsradikal und antisemitisch. Die Strafverfolgungsbehörden sahen das wohl anders und stellten einen Strafbefehl in Höhe von 4000 Euro gegen Düring. In einem anderen Artikel griff der Fränkische Tag dieses Urteil erneut auf und erläuterte, der Sozialdemokrat sei von Düring „mit NS-Verbrecher Adolf Eichmann, einem der Hauptorganisatoren des Holocaust, verglichen worden. Das Landgericht Bamberg verurteilte Düring deshalb 2020 zu einer Geldstrafe von 4000 Euro und zu Schmerzensgeld von 700 Euro.“
2022
Weiter geht es im Jahr 2022. Kreisvorsitzender Wolfgang Heim und Kreisgeschäftsführer Florian Köhn meinten, das Playboy-Cover, das in dieser Ausgabe trans Person Geraldine Schabraque zierte, wie folgt kommentieren zu müssen: »„Wer Gagasternchen sät, wird so einen Playboy (m/w/d) ernten“, kommentierte Köhn ein Foto von Geraldine Schabraque […]. Sein Parteifreund Heim merkte an: „Wenn Playboy jetzt zum Schwulenjournal werden möchte, dann hinterfrage ich gerne die Gründe. Ist es wirtschaftlich sinnvoll, weil es zu wenig hetero Männer gibt, die zu sich selbst stehen?“« Diese queerfeindlichen Enthemmungen bewegten Grünes Bamberg damals zu einem offenen Brief.
Doch Heim machte wenige Tage nur nahtlos da weiter, wo er mit Köhn aufgehört hatte: Nachdem er eine Stadträtin der Grünen als „Kröte“ bezeichnet hatte, verzichtete er doch auf die selbst auferlegte Entschuldigungsgeste (eine Einladung der Stadträtin zum Eisessen), die geforderten innerparteilichen Konsequenzen (eine außerordentliche Kreisvorstandssitzung) gab es auch nicht. Stattdessen teilte der damalige Kreisvorsitzende auf Facebook ein verschwörungsideologisches Video mit den Worten „Er spricht mir aus der Seele“. In diesem Video wird behauptet, „Genderquatsch und diese Homophobie“ seien erfunden, es wird viel gesagt, was man angeblich nicht mehr sagen dürfe. Der Clip endet damit, dass Hilfsbereitschaft und Empathie so lange gut gingen, „bis ihr gekommen seid, um uns Euren Schuldkult aufzuzwingen. […] Verschwindet einfach oder kommt endlich zur Vernunft.“ Hier wird sich einer klar neurechten Vokabel bedient, die die Erinnerungskultur an die Verbrechen des Nationalsozialismus untergraben und insbesondere die Shoa selbst verharmlosen soll – Vokabular also, das viele sonst nur von der AfD gewohnt sind, besonders wenn der Wunsch danach, dass Menschen „verschwinden“ sollen, mit in die Betrachtung einbezogen wird.
Der Kreisverband der Partei „DIE LINKE“ fasste den Rest des Videos so zusammen: „Anstatt die Diskriminierungen anzuerkennen und aktiv dagegen vorzugehen, wird hier im Video die Schuld auf jene verlagert, die sich aktiv für Betroffene von Diskriminierungen einsetzen.“ Fast wie eine Randnotiz wirkt da, dass Gerhard Seitz auf seinem Facebook-Profil im März 2022 folgende ironische Frage mit einem rassistischem Begriff für Sinti und Roma stellte: „Wenn bei Sperrmüll eine LP mit Z[…]-Musik etc. entdeckt wird, dürfen sie die Bamberger Servicebetriebe (BSB) entsorgen oder handelt es sich hierbei doch um Sondermüll?!“
Das Reproduzieren der rassistischen Bezeichnung halten wir bereits für ekelerregend. Dass in diesem Post aber in bester neurechter Comedy-Manier der Unterton mitschwingt, dass Sinti und Roma auf den Sondermüll gehören und diese Interpretationsweise bewusst gewählt worden ist, ist einfach nur menschenverachtend und ein weiterer Beweis dafür, dass mit der CSU ein demokratischer Diskurs ohne solche Äußerungen nicht möglich ist.
Zurück aber zu Wolfang Heim: Dass er bezüglich des Videos im Nachhinein behauptete, er habe den Begriff „Schuldkult“ nicht gekannt und das Video insgesamt ihm „nicht von rechtsextremem Gedankengut getragen“ schien, glauben wir ihm nicht. Diese Taktik ist eine beliebte im recht(sextrem)en Milieu, um bei Kritik den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Ein prominentes Beispiel ist hier Faschist Björn Höcke und die Nutzung einer SA-Losung, die er angeblich nicht gekannt haben will. Doch das soll nicht der letzte Rückgriff auf diese Taktik gewesen sein.
2023
Im Jahr 2023 tritt dann auch wieder Stefan Düring ins menschenverachtende Rampenlicht. Er war zu diesem Zeitpunkt Digitalbeauftragter für den CSU Ortsverband Wunderburg/Gereuth, weshalb er folgendes auch mit diesem offiziellen Facebook-Account einer CSU-Ortsgruppe schrieb und nicht mit seinem Privataccount. Am 10. März 2023 postete die CSU Wunderburg/Gereuth: „Manche können das neue GrünRote Einwanderungsgesetz gar nicht mehr erwarten und freuen sich schon aufs Deutsche Sozialsystem! Beispielbild“. Besagtes Bild in diesem Beitrag ist eine Fotografie von Abdelhamid Abaaoud, einem der Drahtzieher hinter den islamistischen Anschlägen in Paris 2015. Düring erklärte der SZ, „er habe nicht gewusst, dass es sich bei dem Mann um Abaaoud handelt. Entfernt hat er das Bild nicht.“ Viel haben wir dem nicht hinzuzufügen. Die oben bereits erläuterte „Ich wusste von nichts“-Taktik glauben wir selbstverständlich auch Düring nicht. Dass er das Bild aus dem Post nicht entfernte, würde diese Ausrede ohnehin zunichte machen. Migrant*innen, in diesem Fall übrigens völlig egal welcher Herkunft, pauschal mit einem der blutigsten Attentäter der letzten Dekade gleichzusetzen ist rassistisch, menschenfeindlich und eine populistische Lüge.
Menschenfeindlich ging es bei Düring im selben Jahr auch weiter: Ende April 2023 postete Florian Köhn auf Facebook zwei Artikel zum deutschen Atomausstieg, den Köhn als „ideologischen Schwachsinn“ bewertete. Stefan Düring kommentierte unter diesem Beitrag lediglich: »„Order 66“ für die Grünen!«
Dieser Befehl steht im fiktiven Star-Wars-Universum für die Auslöschung der Mitglieder des Jedi-Ordens und allen, die diesen unterstützen. Es handelt sich heruntergebrochen dabei also um eine zwar fiktive, aber perfide geplante Auslöschung politischer Gegner*innen – und Stefan Düring forderte diese für die real existierende Partei Bündnis 90/Die Grünen. Die Empörung darüber war schnell groß und laut Fränkischem Tag ermittelte die Staatsanwaltschaft auch zeitnah gegen Düring wegen des Vorwurfs der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten.
Der damals frisch gewählte CSU-Kreisvorsitzende Gerhard Seitz nannte Dürings Kommentar schnell „indiskutabel“ und plauderte beim Fränkischen Tag aus dem Nähkästchen: »„[…] Deshalb habe ich im Ortsverband Wunderburg/Gereuth darauf hingewirkt, dass dort das Vier-Augen-Prinzip für Parteiveröffentlichungen im Internet gilt.“ Einige von Dürings Posts habe er kürzlich Bamberger AfDlern gezeigt. „Die haben gesagt, so etwas würden sie nie posten.“« Zuvor sagte er: „In der CSU Bamberg ist kein Platz für Hetze und Rassismus. Der neue Vorsitzende muss auch klare Linie zeigen nach Rechts hin.“ Dass Seitz Rassismus und Hetze in seiner Partei aber nicht verhindert, sondern selbst noch mächtig Öl ins Feuer gießt und den Mund mit dieser Aussage viel zu voll genommen hat, beweist nicht nur sein abfälliger Facebook-Post über Sinti und Roma, sondern soll später in diesem Text noch öfter zum Thema werden.
Viel interessanter ist hier aber, wie Grünes Bamberg auf diese menschenfeindliche Hetze reagierte. In einer Stellungnahme vom 26. April 2023 forderten die Grünen von der CSU Bamberg eine „eindeutige Erklärung“. Weiterführend hieß es dort, man sei schockiert, „dass aus der Mitte einer demokratischen Partei Tötungsaufforderungen gegen Menschen aus einer anderen demokratischen Partei“ kamen. Vorstandssprecher Timm Schulze kommentierte außerdem: „Dieses Verhalten schadet den demokratisch und christlich-sozial eingestellten Mitgliedern der CSU. Es ist aber vor allem eine Gefahr für das demokratische Miteinander in unserer Stadt.“ Zwar war in der Stellungnahme auch die Rede davon, dass „Grenzen des Sagbaren […] schon lange immer weiter nach rechts verschoben“ werden, für uns zeigen sich hier aber deutliche Probleme auf: Ein „weiter so“ der rassistischen Äußerungen der CSU wird unseres Erachtens durch die Grünen legitimiert und gesichert, indem sie die CSU auf die gleiche Ebene wie sich selbst heben und von einem Angriff aus der Mitte einer demokratischen Partei (der CSU) auf eine andere demokratische Partei (sich selbst, die Grünen) reden. Mit diesen menschenverachtenden Äußerungen, die – wie dieser Text ja zeigt – alles andere als ein Einzelfall in der CSU sind, disqualifizieren die sogenannten Christsozialen sich unseres Erachtens aber selbst von einem demokratischen Diskurs. Wir fordern hier klarere Worte gegenüber der CSU, statt ihr Verhalten zwischen den Zeilen weiterhin zu normalisieren.
Aber auch Wolfgang Heim war im Jahr 2023 weiter auf Facebook aktiv und blieb seinen Quellen offenbar treu: Er teilte ein Sharepic mit der Aufschrift „5 gute Gründe, Bündnis 90/Die Grünen nicht zu wählen“ – das Bild und der Beitrag stammen von einer Seite namens „Wir Sind Das Volk“.
Das Profilbild der Seite ist ein in schwarz-weiß-rot, also den deutschen Reichsfarben, gehaltenes abgewandeltes Logo der „Supreme Headquarters Allied Expeditionary Force“, kurz „SHAEF“. Belltower News erklärt diese Verschwörungsideologie wie folgt: »SHAEF […] bezeichnet das 1943 unter General Eisenhower etablierte Hauptquartier der amerikanischen Streitkräfte, das jedoch nach Kriegsende aufgelöst wurde. Genau wie klassische Reichsbürger:innen gehen SHAEF-Anhänger:innen davon aus, dass es sich bei Deutschland um einen besetzten Staat, eine „BRD GmbH“, handeln würde. Deswegen erkennen sie auch Rechtsprechungen nach der Gesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland nicht an. Die deutschen Politiker:innen und Beamt:innen erscheinen im SHAEF-Kosmos allesamt als Marionetten einer unrechtmäßigen Herrschaft.« Diese Seite ist also nicht nur im Detail, sondern auch auf den allerersten Blick eine verschwörungsideologische und rechtsextreme – passenderweise postete sie im Juli 2024 ein Video von der groß angekündigten „Remigrations“-Demonstration der Identitären Bewegung in Wien am 20. Juli 2024.
Wenn solche Inhalte völlig ohne Widerspruch auf Heims Seite geteilt und dort mit 21 Likes versehen werden, hat das unseres Erachtens mit demokratischem Diskurs nichts zu tun. Vielmehr handelt es sich bei Wolfgang Heim dann schlicht um ein CSU-Mitglied, das rechtsextreme Inhalte teilt und aus dieser Gesinnung keinen Hehl macht.
Ein weiterer Grund dafür, die CSU und ihr Verhalten nicht zu normalisieren, wäre die immer wieder auftretende Vetternwirtschaft in der Partei. Bezüglich der Geschäfte mit Schutzmasken gegen COVID-19 gab es im Frühjahr 2020 in der CSU, auch rund um die Bambergerin Melanie Huml, wohl Absprachen, die eine Spiegel-Recherche „dubiose Deals“ nennt und dem bayerischen Landtag einen eigenen Untersuchungsausschuss bescherte: „Rund 48 Millionen Euro Provisionen kassierte Andrea Tandler, Tochter eines CSU-Granden, dafür, dass sie der Schweizer Firma Emix Trading den Weg zu Maskengeschäften mit Bund und Land bahnte. […] Den Kontakt ins bayerische Gesundheitsministerium hatte die CSU-Europaabgeordnete Monika Hohlmeier vermittelt. Hunderttausende Euro verdienten auch der damalige CSU-Landtagsabgeordnete Alfred Sauter und der Bundestagsabgeordnete Georg Nüßlein damit, dass sie Masken der hessischen Firma Lomotex organisierten.“ Sich an der Corona-Pandemie zu bereichern schien in der CSU also auch kein Einzelfall zu sein – und ein sogenannter Christsozialer hat es mal wieder übertreiben müssen: Stefan Düring hat „im Januar 2022 in zwei Fällen Corona-Überbrückungshilfen in Höhe von jeweils 4500 Euro erschlichen und dies in einem weiteren Fall erfolglos versucht“. Er gab sich dabei fälschlicherweise als Einzelunternehmer aus. Das Amtsgericht Hof sah den Straftatbestand des Betrugs erfüllt und verhängte eine zehnmonatige Haftstrafe. Stefan Düring saß also von August 2023 bis wahrscheinlich Juni 2024 im Gefängnis. Interessant ist hierbei, dass sein Facebookprofil weiter durch Markierungen befüllt wird – und zwar von niemandem geringeren als seinem zwielichtigen, eventuell ehemaligen CSU-Parteikollegen Andreas „Deas“ Roensch. Die DGB-Hochschulgruppe schrieb zu seinem Erscheinen bei einer Demonstration für ein AfD-Verbot im Januar 2024: »Er ist dem verschwörungsideologischen Spektrum zuzuordnen und lief montags öfter bei „Stay Awake Bamberg“ mit. Videos von Roensch landeten außerdem in der Vergangenheit über Umwege beim Hallenser Neonazi Sven Liebich.« Eine Nutzerin fragte Roensch, als dieser Werbung für die eben genannte Demonstration machte und dabei Düring verlinkte: „Wann ist Stefan denn wieder da, müsste doch bald sein, oder?“ Roensch antwortete darauf: „Planmäßig im Juni 2024. Bis dahin vertritt er ihn.“ Ob Roensch mit „er“ sich selbst meinte, ist unklar, die häufigen Markierungen über Monate hinweg zu verschiedensten Themen sind aber auffällig
2024
Zwar war also Stefan Düring einen Großteil des bisherigen Jahres hinter Gittern, doch die rechten Äußerungen in der Bamberger CSU wurden trotzdem nicht weniger. Im Januar 2024 wurde die Wahl zweier städtischer Referenten unter der Überschrift „Mit Schwarz/Rot/Bunt zur Wiederwahl“ und den folgenden Worten gefeiert: „Nachdem die Fraktion der Grünen offensichtlich keinen der beiden Referenten ihr Vertrauen schenken wollten, reichten zum Glück die Stimmen von CSU, SPD, BBB, BUB, AFD, FDP, FW und Karin Einwag für eine Verlängerung der erfolgreichen berufsmäßigen Stadträte.“
CSU-Chef Gerhard Seitz hatte dann auf Facebook noch von einer „kunterbunten Mehrheit (ohne Grün)“ gesprochen.
Diese Mehrheit schloss auch die AfD mit ein, was Grünes Bamberg wie folgt kommentierte: »Es ist inakzeptabel und gefährlich, die in weiten Teilen rechtsextreme AfD in einem Atemzug mit anderen politischen Parteien als gleichwertigen Teil einer „kunterbunten Mehrheit“ zu nennen.« Wir wiederholen an dieser Stelle gern unseren Punkt von vorhin und weisen darauf hin, dass die CSU offensichtlich und gerade in Bamberg ähnliche Züge aufweist und man auch sie deshalb nicht in einen „gleichwertigen Teil einer kunterbunten Mehrheit“ inkludieren sollte: Knappe fünf Monate nach dieser Pressemitteilung fand nämlich die von uns und der Sozialistischen Jugend – Die Falken bereits scharf kritisierte Demonstration „gegen Rassismus und rechte Hetze“ mit exakt dieser CSU statt.
So hat aber Gerhard Seitz auch nach dieser Demonstration das Schlusswort in unserer Zusammenstellung. Im Juni 2024 fand das vom Stadtmarketing organisierte „festa italica“ auf dem Maxplatz statt. Dieses Fest war von einer externen Eventagentur bespielt worden, was den Unmut der italienischen Community in Bamberg heraufbeschwörte. Der Verein mosaico italiano und sein Vorstand Marco Depietri, der auch Mitglied des Migrantinnen- und Migrantenbeirats der Stadt Bamberg ist, versuchten in den Dialog zu gehen, was höhere Wellen schlug, wie der FT berichtete: „Im Stadtrat verlangten daraufhin CSU, Grüne und SPD von Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) und seiner Stadtverwaltung einen umfassenden Rechenschaftsbericht von dem jährlich mit 70.000 Euro von Bambergs Steuerzahlern mitfinanzierten Verein.“ Gerhard Seitz sah das allerdings anders als seine Stadtratsfraktion. Er antwortete einem User auf Facebook, der nach dem Nutzen des Stadtmarketings gefragt hatte: „Bevor man hier schwadroniert, bitte ordentliche Recherche. […] Sie fallen auf den Streit eines italienischen SPDlers mit seinem ehemaligen Parteigenossen herein. Ein Bamberger Italiener hat einmal sinngemäß gesagt: Wenn ein Italiener ein politisches Amt will, opfert er auch seine Mutter?!“ Das ist eine lupenreine rassistische Aussage, mosaico italiano reagierte in Person von Depietri entsprechend empört auf Seitz: „Seine Äußerungen offenbaren eine respektlose und rassistische Haltung, die in unserer Gesellschaft keinen Platz haben sollte, und sind für einen Vorsitzenden einer demokratischen Partei absolut untragbar.“ Wir fragen uns an dieser Stelle ein drittes Mal, wie viele dieser Skandale es noch braucht, bis verstanden wird, dass diese Aussagen zur Bamberger CSU dazugehören wie die Luft zum Atmen – dabei war es das an dieser Stelle noch nicht mal: Seitz‘ Parteikollege Wolfgang Heim sah seinen Freund in die rechte Ecke gestellt und schrieb in die Facebook-Kommentarspalte des Beitrags auf dem Privatprofil von Depietri, in dem er eine Pressemitteilung von mosaico italiano teilte, folgendes: „Was hier rassistisch sein soll erscheint mir schon sehr fragwürdig. Definieren sie doch mal was nach Ihrer Meinung alles unter Rassismus fällt. Heute wird dieses Wort sehr schnell benutzt um eine Person in die rechte Ecke zu stellen.“
Diesem ekelerregenden Tonfall setzte Seitz aber selbst noch einen drauf: Er zauberte den emeritierten Professor der Germanistik Helmut Glück aus dem Hut, der einen offenen Brief an Marco Depietri verfasste, in welchem sich über dessen Betroffenheit durch die rassistische Aussage auch noch lustig gemacht wird. Höhepunkt an diesem Brief war die reflexartige Abwehr der Rassismusanschuldigung. »Wenn „Rassismus“ mehr als ein wohlfeiles Schimpfwort sein soll, müssten Sie begründen, wie Sie auf die Idee kommen, „die Italiener“ seien in puncto „Rasse“ abgrenzbar von den Deutschen (?) oder den Franken (?) oder sonst einer Menschengruppe“, giftete der ehemalige Professor.
Kurzer (sprach)wissenschaftlicher Exkurs: Das digitale Wörterbuch der deutschen Sprache listet in der Bedeutungsübersicht des Wortes „Rassismus“ auch eine „politische Bestrebung oder Maßnahme, durch die bestimmte (Gruppen von) Menschen aufgrund gewisser körperlich-biologischer oder ethnischer Merkmale diskriminiert, benachteiligt, unterdrückt oder verfolgt werden“ auf. Dass Herr Glück glaubt, diese Diskriminierungsform habe etwas mit vermeintlichen „Menschenrassen“ zu tun, ist aus Forschungsperspektive gar nicht zutreffend, wie auch die Definition der Amadeu-Antonio-Stiftung beweist: „Wenn Menschen nicht nach ihren individuellen Fähigkeiten und Eigenschaften oder danach, was sie persönlich tun, sondern als Teil einer vermeintlich homogenen Gruppe beurteilt und abgewertet werden, dann ist das Rassismus.“
Wir vertrauen, wenn es um Diskriminierung geht, folglich lieber einer erfahrenen Stiftung, als einem Pensionär, der einen menschenfeindlichen Unionspolitiker „liberaler Demokrat“ nennt und im gleichen Atemzug glaubt, von Anfeindungen Betroffenen entgegenzischen zu können, sie sollen „auf dem Teppich!“ bleiben.
Fazit – wie weiter?
Die CSU hat in Bamberg ein riesiges, nicht aufgearbeitetes und sich seit Jahren wie ein roter Faden durch die Partei ziehendes Problem mit Menschenfeindlichkeit unterschiedlichster Art. Nennenswerte Konsequenzen haben trotz Abgrenzungen keine der Übeltäter erfahren, Stefan Düring musste gar wegen Betrugs ins Gefängnis, damit seine Hetze endlich ein Ende nimmt. Gerhard Seitz als Vorsitzender wird seinem eigenen Anspruch, Rassismus aus der CSU fernzuhalten überhaupt nicht gerecht, sondern greift lieber selbst zu diesem. Rechte Ausweich- oder Entschuldigungstaktiken wie diese sind der CSU ebenso nicht fremd, wie die Opfer ihres Rassismus selbst für ihre Diskriminierung verantwortlich zu machen. Kurzum: Die Bamberger CSU ist eine rassistische und in Teilen menschenfeindliche Partei, die in einem demokratischen Diskurs genau so wenig zu suchen hat wie auf einer Demonstration gegen rechte Hetze. Vielmehr sollten sich solche Demonstrationen auch explizit gegen die CSU selbst richten.
Anmerkung: In einer vorherigen Version wurde irrtümlich behauptet, dass Marco Depietri SPD-Stadtrat sei – dies wurde in der aktuellen Fassung korrigiert.